Eltern für Kinder im Revier e.V.

Kinder brauchen beide Eltern!

Allgemeiner Hinweis zu Rechtsthemen

Ein Kommentar von Dipl. iur. Manfred Herrmann

Heute gehört es zum Alltag – nicht nur – in Deutschland: Paare trennen sich; oftmals sind sie Eltern gemeinsamer Kinder. Spätestens nach der Trennung kommen diese – nun – Trennungs-Elternteile in Kontakt mit Rechtsanwalt, Jugendamt, Familiengericht. Dabei machen diese Elternteile eine Metamorphose durch, sie werden vom Gutmenschen „Papa“ bzw. „Mama“, also von dem, wofür die deutsche Sprache die Worte/Begriffe „Vater“ bzw. „Mutter“ hat, zu menschlichem Abschaum gemacht. Erstaunlicherweise lassen die meisten sich dies gefallen.

Werden Elternteile, also Väter und Mütter, zum Fall des Anwalts, Jugendamts, Familiengericht, werden nur noch als „Kindeseltern“, „Kindesvater“ bzw. „Kindesmutter“ bezeichnet. Schaut man sich dann einmal an, wo diese Worte her­kommen, was sie bedeuten, so stellt man fest, dass dies altdeutsche Worte sind. Und sie bezeichnen den verachtens­werten „Hurenbock“ (= Kindesvater), der aus reiner Fleischeslust und illegitim (d.h. ohne den kirchlichen/staatlichen Segen der Ehe) jede Frau schwängert, die ihm unterkommt, sie bezeichnen die heruntergekommene „Hure“, das „gefallene Mädchen“ (= Kindesmutter), die, genauso der Fleischeslust verfallen einen „Kegel“ bzw. einen „Bastard“ (=illegitimes, d.h. nichteheliches Kind) hat.

Diese Worte sind Begriffe der deutschen Sprache des 17., des 18. und des 19. Jahrhunderts, und Ausdruck der damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse. Sie beschreiben das damalige gesellschaftliche und rechtliche Verständnis, dass

  • ein „Bastard“ bzw. ein „Kegel“ nichts anderes ist als ein (oftmals Total-) „Schaden“ der (Heirats-)Markt-Ware (zukünftige Ehe-)Frau, der – genau wie heutzutage Unfallschaden an einem Auto – gegenüber dem Schädiger (also gegenüber dem „Hurenbock“ = „Kindesvater“) einen Schadensersatzanspruch (sog. „Alimente“) begründet,
  • eine „Kindesmutter“ (= Hure) lediglich eine Ware ohne Wert, für die man noch Geld drauflegen muss, um sie auf dem (Heirats-)Markt losschlagen zu können,
  • ein „Kindesvater“ (= Hurenbock) der deliktische Schädiger der Ware „zukünftige Ehefrau“ des „Heiratsmarkts“ ist, bei dem man sich möglicherweise Ersatz für den Schaden holen kann.

Diese Begrifflichkeiten, die also nach unserem heutigen Verständnis den Menschen herabwürdigen, beleidigen und diskriminieren, plappern deutsche Rechtsanwälte, deutsche Jugendamtsmitarbeiter und deutsche Familienrichter auch im 21. Jahrhundert nach, ohne irgendeinen Ansatz zum Nachdenken darüber zu zeigen, was diese Begriffe tatsächlich bedeuten; ja sie „verkaufen“ diese Beschimpfungen, Beleidigungen von Trennungselternteile sogar noch als „ juristisches und/oder sozialarbeiterisches Fachvokabular“, als termini technici des Familienrechts.

Betrachtet man die Rechtswissenschaft, so gibt es dort in den maßgeblichen Gesetzen oftmals sogenannte Legal­definitionen für zentrale Begriffe des jeweiligen Rechtsgebiets. Schaut man deutsche gesetzliche Bestimmungen an, die die Familie betreffen, so werden die zentralen Begriffe – neben Art. 6 GG – im deutschen Familienrecht, also im 4. Buch des BGB legal definiert, und mit diesen Legaldefinitionen in anderen Rechtsbereichen/Gesetzen wie etwa dem Sozialgesetzbuch, speziell dem SGB VIII, dem Steuerrecht u.a. übernommen.

Art. 6 GG kennt nur die verfassungsrechtlichen termini technici „Familie“, „Kinder“, „Eltern“, „Erziehungsberechtigte“, „Mutter“ und (konkludent) „Vater“.Im 4. Buch des BGB finden sich sogar Legaldefinitionen für die einfachgesetzlichen familienrechtlichen termini technici „Mutter“ (§ 1591 BGB) und „Vater“ (§ 1592 BGB). All die anderen Bestimmungen des 4. Buchs beziehen sich auf diese Legaldefinitionen und verwenden ausschließlich diese – tatsächlichen – (familien-)juristischen termini technici, wie im Übrigen auch die anderen Gesetze, in denen Fragen der Elternschaft eine Rolle spielen.

Auch die Kommentierung des Grundgesetzes kennt nur die grundrechtlichen termini technici „Mutter“, „Vater“, „Eltern“, usw. (vgl. z.B. Jarrass/Perroth: GG-Kommentar, 6. Aufl., 2002, Art. 6 Rn. 34). Die Kommentierung des einfachen Gesetzes verwendet ebenfalls als juristische termini technici ausschließlich „Mutter“, „Vater“, usw. (vgl. z.B. Palandt: BGB §§ 1591-1600e, 1626a, 1629, usw.).

Ich vermag also nicht nachzuvollziehen, wie insbesondere Juristen, also Richter und Rechtsanwälte, die doch Organe der Rechtspflege sind, und damit doch zuvörderst die Aufgabe haben (die Richter haben sogar in ihrem Amtseid geschworen, insbesondere die Grundrechte zu wahren, und damit die Grundrechtsträger vor – ungerechtfertigten – Eingriffen in ihre jeweiligen Grundrechte zu schützen), das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Recht-suchenden Bürgers so systematisch verletzten, in dem sie seine persönliche Ehre dadurch herabwürdigen, dass sie ihn so –fast – ausschließlich mit im Höchstmaß beleidigenden Begriffen belegen wie „Hure“ (= altdeutsch: „Kindsmutter“), oder „Hurenbock“ (= altdeutsch. „Kindsvater“).

Dankenswerterweise hat sich der Kollege Ferdinand Kaufmann in den 90-iger Jahren durch Veröffentlichung eines Aufsatzes (KindPrax 1999, 20; ZfJ 1999, 292) darum bemüht, diesen unseligen Beleidigungen von Bürgern ein Ende zu machen, leider vergeblich.

Ich erlaube mir, jeden deutschen Rechtsanwalt, Jugendamtsmitarbeiter und Familienrichter anzuregen, zu einem nachzuforschen, ob sie eine Rechtsquelle, und wenn ja, welche, finden, die Legaldefinitionen für „Kindsvater“ und/oder „Kindsmutter“ enthält. Zum anderen rege ich an, einmal selbst sprachwissenschaftlich die Wortbedeutung von „Kindsvater“ und „Kindsmutter“ zu ergründen.


Essen, 23.12.2012
Manfred Herrmann
(Dipl.-Jur.)

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